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EINFÜHRUNG

Die Aufarbeitung des Straßenbahnzuges bestehend aus TW 2401 und BW 3404 ist aus der Zusammenarbeit von ATTS und anderer vergleichbarer Vereine aus dem europäischen Ausland entstanden und hat somit internationalen Charakter. 2007 hat die ATTS an der AHN-Tagung in Graz (Österreich) teilgenommen, wo Kontakte mit den „Straßenbahnfreunden München“ geknüpft wurden, die im Zusammenhang mit der geplanten Turiner Museumslinie 7 Interesse zeigten, die beiden Tramwagen an die ATTS zu verschenken. So ging man auf die Suche nach einem Sponsor, um die nötigen Transportkosten aufbringen zu können. Als dann 2010 das Münchner Vereinsmitglied Reinhard Fuchs frühzeitig verschied und sein gesamtes Erbe den "Straßenbahnfreunden München" hinterließ, waren so plötzlich auf völlig unerwartete Weise die nötigen Gelder für eine Überführung der Wagen von Deutschland nach Turin vorhanden.

DAS AUFARBEITUNGSPROJEKT

Die ATTS beabsichtigt, den Beiwagen im Zustand seiner Außerdienststellung aufzuarbeiten. Das beinhaltet jedoch – wie schon an anderer Stelle erwähnt – nötige bauliche Anpassungen an die aktuellen Betriebsbestimmungen, um einen Einsatz auf dem Turiner Netz möglich zu machen. Im speziellen Fall ist die Anpassung der Spurweite (von 1435 auf 1445 mm) und der Austausch der automatischen Kupplungen mit den hiesigen einheitlichen GTT-Typen von Nöten. Der Beiwagen wird auch nicht für den Fahrgasteinsatz instand gesetzt, da die gegenwärtige italienische Verkehrsgesetzgebung einen Anhängerbetrieb bei der Personenbeförderung generell verbietet.

TECHNISCHE DATEN UND FAHRZEUGGESCHICHTE

Für eine kurze Fahrzeugbeschreibung und die Auflistung der technischen Daten wird auf die entsprechende Webseite verwiesen.

VERLAUF DER AUFARBEITUNG

2008

Zur ersten “Begegnung” der ATTS mit BW 3404 kommt es im September 2008 in Blindheim: Eine aus Vereins- und Vorstandsmitgliedern bestehende ATTS-Delegation befindet sich in Bayern, um das von den Straßenbahnfreunden München zur Schenkung vorgesehenen Fahrzeug zu inspizieren. Blindheim ist ein kleines, am Ufer der Donau gelegenen Dorf im nord-östlichen Teil Schwabens, das offiziell jedoch noch zum Bundesland Bayern gehört. Hier sammelt ein Straßenbahnfreund auf einem privaten landwirtschaftlichen Gelände unzählige ausgemusterte Fahrzeuge der Münchener Straßenbahnen. Auf diesem Freigelände hat er auch einen Schienenring aufgebaut, wo er die ihm zur Verfügung stehenden Fahrzeuge fahren lassen kann. Es gibt zwar keine Oberleitung, aber die noch fahrfähigen Straßenbahnen werden mit Hilfe eines  auf einem angehängten Arbeitsbeiwagen montierten Generator mit Strom versorgt. Es wird die Absicht verfolgt, so ein Straßenbahnmuseum im Stil  von Schöneberger Strand, Crich oder Wehmingen aufzubauen, was allerdings nicht mit gleichbleibendem Engagement und finanziellen Mitteln verfolgt wird.

2011

Durch den frühzeitigen Tod und die Hinterlassenschaft ihres Vereinsmitglieds Reinhard Fuchs’ verfügen die Münchner Straßenbahnfreunde unerwartet über eine beträchtliche Summe, so dass sie beschließen, das Geld erstmal in die Bergung und Wiederinstandsetzung ihres Motorwagens TW 2401 und des Beiwagens BW 3404 zu investieren, für deren Überführung nach Turin zu diesem Zeitpunkt noch keine Gelder gesammelt worden sind. So kommt es im August 2011 zu der denkwürdigen Überführung des Münchner Straßenbahnzuges von Blindheim nach Italien, zur der gerade auf den Überresten des ruhmreichen Ausbesserungswerks Milanesio wiedererstandenen Metalmeccanica Moretta in der Provinz Cuneo. Hier werden die ersten Eingriffe vorgenommen, und zwar vor allem die Anpassung des Fahrgestells an das Turiner Schienennetz.

2012

Ein Jahr nach dem Eintreffen der beiden Wagen in Moretta (Prov. Cuneo), hat das Ausbesserungswerk noch nichts an den Fahrzeugen unternommen, nicht so sehr weil das Geld dafür fehlt, als dass vielmehr zuerst andere dringlichere Arbeiten abgeschlossen werden müssen, bevor das Aufarbeitungsabenteuer am BW 3404 beginnen kann. Im Juni 2012 ist eine Delegation der Straßenbahnfreunde München in Moretta zu Besuch, bei dem sie sich nicht nur den neuen Aufenthaltsort der beiden Tramwagen ansehen kann, sondern bei der es auch zu einer Art symbolischer Übergabe kommt. Dabei wird der ATTS eine Reihe von Münchner Stadtwappen überreicht, die nach erfolgter Lackierung die bisherigen ersetzen sollen.

2013

Die ersten Arbeiten am BW 3404 beginnen: Der Wagenkasten wird vom Fahrgestell abgehoben, um die Räder an die Turiner Spurweite anpassen zu können. In Turin fahren Straßenbahnen im Gegensatz zu Normalspur in München (1435 mm) auf 1445 mm breiten Gleisen - es fehlt also ein Zentimeter! Ohne die richtige Spurweite ist es jedoch nicht möglich, das Fahrzeug auf Turiner Schienen fahren zu lassen.

2015

Eine Reihe unterschiedlicher Ereignisse beeinträchtigt den reibungslosen Betrieb bei Metalmeccanica Moretta. Es wird nicht nur über einen erneuten Verkauf der Firma nachgedacht, auch eine drohende völlige Schließung des Standorts verdunkelt den Horizont. So kommen die Arbeiten nur sehr träge voran. 2015 wendet sich endlich das Schicksal des BW 3404, indem es dankenswerterweise die GTT übernimmt, die Spurweite der Radsätze auf das erforderliche Maß zu bringen. In Moretta wird in der Zwischenzeit der Rest des Fahrwerks generalüberholt.

2016

Der große Tag ist gekommen: der Münchner Straßenbahnbeiwagen steht bereit, um nach Turin gebracht zu werden. Es sind fünf Jahre vergangen, aber die wichtigsten Arbeiten, nämlich die am Fahrwerk sind abgeschlossen. Die anderen Arbeiten sind so geplant, dass sie in der Hauptwerkstatt in Turin durchgeführt werden können. Vor der Überführung kümmert sich die ATTS-Werkstattgruppe um die Vorbereitung und Reinigung des Fahrzeugs, so dass es für die GTT-Arbeiter so angenehm wie möglich ist, an dem Fahrzeug zu arbeiten. Bei der Gelegenheit werden auch die aus München mitgeschickten Ersatzteile von BW 3404 und TW2401 mitgenommen. Auch der Motorwagen verabschiedet sich von Moretta, wird aber in den U-Bahn-Betriebshof nach Collegno gebracht.

Nach wenigen Stunden kommt der Wagen in Turin an und wird am Morgen des 15. Juni auf dem Gleisfeld vor der GTT-Hauptwerkstatt abgeladen. Hier wird die Aufarbeitung fortgesetzt.

2018

Zum Tag der offenen Tür am 6. Mai 2018 ist der Umbau der Kupplungen praktisch abgeschlossen. Der Münchner Anhänger wird aus diesem Anlass erstmalig offiziell dem Publikum präsentiert.

Nun ist es problemlos möglich, das Fahrzeug von der Hauptwerkstatt in jeden anderen Turiner Betriebshof zu ziehen, wo die ATTS-Werkstattgruppe die Aufarbeitung fortsetzten kann. Die erste Überführungsfahrt findet am 2. Juni statt und BW 3404 rollt erstmalig auf dem Turiner Schienennetz außerhalb eines Depots. Das Fahrzeug spricht auf die hiesigen Gleisbedingungen perfekt an: Das vollständig überholte, dreiachsige Fahrwerk läuft ausgesprochen leise, passt sich perfekt den Kurven an und verursacht keinerlei Quietschen.